„Man muss sich ändern, um bleiben zu können, was man ist“
Ich habe mal nach dem Ursprung des Begriffes „Change“ im Zusammenhang mit organisatorischen Veränderungen gesucht. Klar, ein englischsprachiger Begriff der vordergründig mit „Veränderung“ einfach zu übersetzen ist. Auch im Internet finden sich viele Versuche, das zu beschreiben oder zu ergründen. Aber so richtig zufrieden war ich erst, als ich über meinen Sohn, der sich intensiv mit Japan beschäftigt, auf folgenden Koan* gestoßen bin:
„Man muss sich ändern, um bleiben zu können, was man ist. Und man muss erhalten, was man ist, um sich durch Änderungen entwickeln zu können.“** Ganz ehrlich, genau das ist es!
Change ist in vielen Fällen ein echt hartes Stück Arbeit. Ganz nüchtern betrachtet kann er nur gelingen, wenn möglichst viele Menschen tatsächlich mitmachen, wir also rechnerisch über 50% Beteiligung hinauskommen. Ganz klar, alle Menschen in einer Organisation für eine Veränderung zu gewinnen (das wären die 100%) ist andererseits illusorisch.
Meiner Meinung nach beginnt der Change stets bei sich selbst. Bin ich dabei oder lasse ich es bleiben? Unterstütze ich das Vorhaben oder bin ich dagegen? Dazwischen liegt noch „Ich bin mir unsicher!“. Während im bejahenden Fall alles geklärt erscheint, bleiben im ablehnenden und im unsicheren Fall Fragen – Fragen denen ich mich ganz persönlich über die Zeit einfach stellen muss. Die Organisation wird kaum um mich herum eine schützende Hecke bauen …
Also, halten wir fest, es beginnt immer bei sich selbst.
Gehen Sie nochmals zurück zum Koan oben, und dort zum ersten Satz. Was hindert Sie daran mitzugehen? Was ist es, dass Sie zum Bleiben und Festhalten einlädt? „Man muss sich ändern, um bleiben zu können, was man ist“. Ich greife zu einem Gleichnis: Wäre ich heute ein Auto, muss ich wohl meine geliebten Zylinder aufgeben und mich an das Gesäusel eines Elektromotors gewöhnen, um ein Auto bleiben zu können. Vielleicht ist aber auch die Aufgabe der Position Auto reizvoll, wenn ich zum Flugfahrzeug werden kann und damit eine neue Dimension von Freiheit hinzubekomme.
Selbstverständlich kann es auch genau andersherum sein. Ich bin von Anfang an von dem anstehenden Change persönlich überzeugt, befürworte ihn voll und ganz und engagiere mich dem entsprechend stark. Hier liegt das Risiko in der Enttäuschung. Deswegen gehören hierhin die Fragen nach den persönlichen Hoffnungen, Erwartungen und Ansprüchen. Was verursacht eine Enttäuschung in mir? Worauf kann ich mich (noch) einlassen – und wo sind meine Grenzen?
Halten wir wieder fest, ich muss mich mit meinen eigenen Fragen auseinandersetzen.
Ein typisches Change Projekt verhält sich unstet – oder auf neudeutsch: „agil“. Jeden Tag kommen mehr Aspekte hinzu, bislang Unklares oder Vages wird klarer und manches wird nach reiflichem Überlegen auch wieder aufgegeben. Schon entworfene Pläne bekommen ein anderes Gesicht – es kommt zum Change im Change. Mir werden dadurch entweder Lösungen auf meine obigen Fragen angeboten oder es werden sich mir neue, oft auch andere, stellen. Es ist wie auf einem Markt: Nehme ich aus dem sich mir darstellenden Angebot der vielen Stände diese oder jene Äpfel? Von diesem oder doch von dem anderen Verkäufer? Oder mag ich die saisonalen Pflaumen zurzeit doch lieber? Vielleicht nehme ich aber auch gar kein Obst mit?
Hier sind wir an einem kritischen Punkt des Themas Change angekommen.
Ich finde es immer wieder interessant, dass beim Stichwort „Change“ viele Menschen zwar an (Ver-) Änderung denken, sich selbst jedoch auf den Standpunkt stellen, dass es für einen selber „unchanged“ bleiben soll. Die langjährige Beobachtung zeigt, dass sich einem Change niemand wirklich vollständig entziehen kann. Ich muss für mich selbst entscheiden, ob ich mitgehe und nach Kräften unterstütze oder ob ich es vorziehe einen anderen Weg zu gehen … der in der Regel mit anderen Zielen verbunden ist und eventuell auch außerhalb des momentan wahrgenommen (Denk-)Rahmens liegt.
Um mir meine Antworten selber geben zu können, liegt es in meiner Selbstverantwortung mich mit den aufgeworfenen Fragen auseinanderzusetzen. Suchen Sie auch nach Antworten, die außerhalb Ihrer gewohnten Denklinien liegen. Wie gesagt, Change beginnt bei sich selbst.
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Autor: Prof. Detlev R. Zillmer, Trainer und Partner bei der CA Akademie AG.
* Koans sind Antworten auf unlösbare Fragen oder ein Paradoxon. Sie sollen zum Nachdenken anregen. Ursprung: japanischer Zen-Buddhismus.
** Ursprung, Autor und dgl. unbekannt; wahrscheinlich historisch.