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Verrechnungspreise – die neuen Verwaltungsgrundsätze (2021, Teil 2)
In unserer Fach-News vom 31.08.2021 hatten wir eine kurze Übersicht gegeben, welche Verwaltungsgrundsätze ersetzt wurden. Darunter waren auch Verwaltungsgrundsätze von 1983. Es steht also zu erwarten, dass uns auch die neuen Verwaltungsgrundsätze nicht nur länger beschäftigen, sondern vermutlich noch einige Jahre begleiten.
Grund genug für einen weiteren Blick auf’s Thema.
Zunächst einmal gibt es sechs Kapitel höchst unterschiedlicher Länge. Die Seitenzahlen verdeutlichen dies und ein paar > Schlagworte sollen helfen, um die enthaltenen Inhalte grob zu beschreiben:
- Grundsätze der Einkünftekorrektur, Seite 4-12
> Konkurrenzverhältnisse, Hinzurechnungsbesteuerung, nahestehende Personen, Geschäftsbeziehungen
- Bedeutung der OECD-Verrechnungspreisleitlinien für die Prüfung der grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen, Seite 12-13
- Leitlinien, Seite 13-26
> Fremdvergleichsgrundsatz, VP-Methoden und Bewertungstechniken, Vergleichbarkeitsanalyse, Zusammenfassungen; Vorteilsausgleich, Bandbreiten, Verluste, Zeitpunkte, Konfliktlösung, Dokumentation, Immat. Werte, DEMPE, Marken, Waren, (Routine)Dienstleistungen, Umlagen, Entsendungen, Funktionsverlagerung, Finanzierungsthemen
- Weitere allgemeine Grundsätze, Seite 36-39
> Erstkorrektur, Ausgleichszahlungen, Gegenberichtigung, Zoll
- Glossar, Seite 39
> Verweis auf die Anlage von 2,5 Seiten
- Aufhebung von BMF-Schreiben und Anwendungsvorschrift, Seite 39-40 .
Anhang 1 enthält den Verweis auf die OECD-Regelungen. Konkret sind dies:
- die „OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen“, 2017
- die „Verrechnungspreisleitlinien zu Finanztransaktionen: Inclusive Framework on BEPS – Aktionspunkte 4, 8-10“, 2020
- die „Überarbeitete Leitlinien zur Anwendung der geschäftsvorfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode: Inclusive Framework on BEPS – Aktionspunkt“, 2020
Dies ist ein deutlicher Gewinn für deutsche Steuerpflichtige, weil es zur internationalen Harmonisierung beiträgt und so hilft, Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Anhang 2 enthält Begriffe, die über die in Anhang 1 indirekt enthaltenen Begriffe hinaus gehen. Bedauerlicherweise sind (handelsrechtlich) eindeutig geklärte Begriffe wie das EBT dort noch einmal aufgeführt, während ein aus handelsrechtlicher als auch betriebswirtschaftlicher Sicht völlig schwammiger Begriff wie „Nettomarge“ weiterhin mehr als dürftig beschrieben wird. So heißt es in der Definition dazu lediglich: „Der Nettogewinn eines Geschäftsvorfalls in Relation zu einer nach den Umständen des Einzelfalles geeigneten Bezugsgröße“. Als Controller würde man sich hier bereits wünschen, dass der Begriff des Nettogewinns erläutert würde. Zu befürchten ist, dass es ein „EBIT (alternativ) Jahresüberschuss je Stück“ sein soll – also eine Größe, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht unsinniger nicht definiert sein kann. Da ist die „nach den Umständen des Einzelfalles geeignete“ Bezugsgröße schon fast bedeutungslos, auch wenn der Beliebigkeit damit weiterhin ‚Tür und Tor offensteht‘. Regeln der Betriebswirtschaft, insbesondere aus dem Controlling (=Unternehmenssteuerung), werden leider nicht vorgegeben.
Genauso unscharf fällt die Definition von „Vorteile“ aus.
Dort heißt es: „Unter anderem eine eingespielte Betriebsorganisation, eingespielte Belegschaft/Mitarbeiterstamm (assembled workforce). Sie stellen die Möglichkeit der Steigerung des Einkommens oder liquider Mittel dar.“ Eine Beschreibung, die den Begriff ‚Definition‘ nicht verdient und mit der wohl kein Student der BWL auch nur die Prüfungen des ersten Semesters überstehen würde. Es drängt sich angesichts der Unbestimmtheit und angesichts des Fehlens klarer Kriterien – in deutlichem Gegensatz zu anderen Passagen der Verwaltungsgrundsätze – die Vermutung auf, dass hier ein „Auffangtatbestand“ geschaffen werden soll, um beliebige Korrekturen im Sinne der Steuereinnahmen vornehmen zu können.
Autor: Guido Kleinhietpaß, Partner und Trainer der CA controller akademie und Autor des Buchs Verrechnungspreise