Verrechnungspreise: die aktuellen Themen Teil 3

19.03.2024 von CA Redaktion | Accounting & Finance
Verrechnungspreise Teil 3

Live Online Fachtagung Operatives Verrechnungspreismanagement 2023 – Zusammenfassung Tag 2

Der zweite Tag der Live Online Fachtagung Operatives Verrechnungspreismanagement startete mit den Praxisberichten von Stefan Rüther, Head of Intercompany Systems der Continental AG und Dr. Markus Schneider, International Tax Director der Bayer AG.

Sie haben Teil 1 und Teil 2 noch nicht gelesen? Hier geht es zur Zusammenfassung der ersten beiden Vorträge in Teil 1 sowie des dritten und vierten Vortags in Teil 2 unserer FachNews Reihe Verrechnungspreise – die aktuellen Themen.

Vortrag 5: Praxisbericht: Optimierung von Verrechnungspreis-Dokumentations-Prozessen

Stefan Rüther, Head of Intercompany Systems der Continental AG, präsentierte in seinem Vortrag einen Praxisbericht zur Optimierung von Verrechnungspreis-Dokumentations-Prozessen. Eingangs stellte er die Grundprinzipien der Continental AG vor. Dazu zählt, dass die Geschäftsentscheidungen nicht auf Basis von Transferpreisen getroffen werden. Darum finden auch keine Verhandlungen zwischen Gesellschaften, Regionen, etc. statt. In Streitfällen trifft Corporate Tax die Entscheidung.

Die Dokumentation beruht auf den klassischen Säulen aus Master File, Local Files und dem CbCR-Reporting. Als Software für die ersten beiden Teile der Doku entschied man sich für die webbasierte Lösung von globalDoc Solution® von PwC.

Stefan Ruether 1

Die Dokumentation erfolgt nach strikten Regeln. Das ist erforderlich, um innerhalb eines Konzerns mit mehr als 500 Standorten in 57 Ländern und rund 200.000 Mitarbeitern eine Standardisierung erzeugen zu können. Vertragsabschlüsse und Dokumentation erfolgen weitgehend zentralisiert und grundsätzlich in englischer Sprache. Dabei werden vorhandene Dokumente weitestmöglich genutzt (in der Regel als Anhänge, die in der Dokumentation kenntlich gemacht werden). Falls lokale Übersetzungen erforderlich sind, so geschieht dies durch das jeweilige Land. Allerdings besitzen die Länder grundsätzlich keine Schreibrechte. So werden nicht-abgestimmte Inhalte verhindert. Lediglich landesspezifische Erfordernisse dürfen in Abstimmung mit der Zentrale erstellt werden. Die Zulieferung ist auf die spezifischen lokalen Daten begrenzt.

Zur Abstimmung der jährlichen Daten wird das Tool TX Matching der Datenwerk GmbH eingesetzt. Durch das insgesamt beschriebene Vorgehen sind der Zentrale alle Dokumente und Daten bekannt, die in der Betriebsprüfung herausgegeben werden.

Stefan Ruether 2

Das verbessert nicht nur Compliance und Effizienz, sondern auch die Klärung alter Fälle im Rahmen von Betriebsprüfungen wird deutlich erleichtert. Stefan Rüther rundete seinen Praxisbericht durch eine Prinzipdarstellung von Prozess und Timing sowie der IT-Tool-Landschaft bei Continental ab.

Vortrag 6: Praxisbericht: Optimierung von Verrechnungspreis-Dokumentations-Prozessen

Dr. Markus Schneider, International Tax Director der Bayer AG, berichtete aus seiner Praxis mit Betriebsprüfungen und Verständigungsverfahren. Damit war sein Praxisbericht das ergänzende Gegenstück zum Vortrag von Ulrike Wolff-Seeger von der Finanzverwaltung des ersten Tags. Nach einem kurzen Einstieg wurde als erster Streitpunkt das Funktionsprofil angesprochen. Naturgemäß haben Finanzverwaltungen häufig das Ziel, das F&R-Profil der geprüften Gesellschaften auszuweiten. Mittlerweile wird – je nach Land – in Prüfungen teilweise bereits die Geschäftskorrespondenz (z.B. Protokolle, E-Mails) automatisiert ausgewertet bzw. auch Interviews mit Vertretern der lokalen Gesellschaften geführt. Funktionen wie Marketing, Vertrieb oder F&E stehen dabei im Fokus. Sofern diese die steuerliche Logik im Bereich der Transferpreise nicht kennen und rein betriebswirtschaftlich antworten, kommen Finanzverwaltungen zu einem anderen F&R-Profil als dokumentiert.

Ein weiterer Vertiefungspunkt war das 2017 von der OECD eingeführte DEMPE-Konzept zur Besteuerung von Erträgen aus immateriellen Werten. Zusätzlich zur bisherigen Unterscheidung in juristisches und wirtschaftliches Eigentum kommt ergänzend das funktionale Eigentum hinzu. Das nachfolgende Bild zeigt die daraus entstehende mögliche Problematik:

Dr. Makrus Schneider 1

Wenn die funktionalen Beiträge (Development, Enhancement, Maintenance, Protection, Exploitation) nicht von allen Steuerbehörden der beteiligten Länder gleichermaßen akzeptiert werden, ist ein Verteilungsstreit vorprogrammiert. Es fehlt nicht nur Klarheit bezüglich der zeitlichen Erstanwendung in Deutschland, sondern auch die mangelnde Konkretisierung schafft Probleme, da Auslegungsspielräume entstehen. So legen bereits die Staaten diese untereinander unterschiedlich aus und auch zwischen Unternehmen und den Steuerbehörden bestehen Differenzen.

Ein anderes Thema, das Dr. Markus Schneider thematisierte, waren die Benchmark-Studien. Durch regionale Eingrenzungen oder Ausweitungen ändern sich die Vergleichsunternehmen und damit die gefundenen Vergleichsmargen. Das gilt analog für die Liste der ausgeschlossenen Unternehmen, weil beispielsweise das Funktions- und Risiko-Profil nicht passt. Dies kann zur Änderung der Interquartils-Bandbreiten führen, wodurch es zur Mediankorrektur kommen kann, bis hin zur Erstellung von „Gegenstudien“. In extremen Fällen wird die gewählte Verrechnungspreismethode verworfen. Aber auch „nur“ die Veränderung der Bandbreite kann steuerlich teuer werden, da es zur Korrektur des Steuerpflichtigen auf die Median-Rendite der Vergleichsunternehmen führt.

Dr. Markus Schneider 2

Streit besteht darum beispielsweise auch bei der Frage, ob Einzeljahre erforderlich sind oder ob mehrjährige Durchschnitte genügen. Vielleicht führen künftig „Renditekorridore“ im Rahmen von Pillar 1 zu einer deutlichen Verringerung des Aufwands bei den Unternehmen.

Abschließend beleuchtete Dr. Markus Schneider noch das Thema Streitbeilegung. Dies war bereits vor zwei Jahren ein intensiv diskutiertes Thema auf unserer Fachtagung Verrechnungspreise. Es gilt sowohl für aktive Instrumente, z.B. ein Advance Pricing Agreement (APA), als auch für reaktive Instrumente, wie z.B. ein Verständigungsverfahren oder EU-Schiedsverfahren. Gerade beim Thema Streitbeilegung gibt es eine klare Empfehlung für das persönliche Gespräch, das auch nicht durch Videokonferenzen ersetzt werden kann. Es gilt grundsätzlich die Empfehlung, im ständigen Austausch mit der Finanzverwaltung zu sein.

Ausblick: So geht es weiter in Teil 4

Über die nächsten Vorträge berichten wir in Teil 4 unserer FachNews Reihe Verrechnungspreise – die aktuellen Themen. In diesem Beitrag fassen wir die Vorträge von Stefan Lohmüller, Operational Transfer Pricing Manager der Drägerwerk AG & Co. KGaA und Dr. Gion Job, ehemaliger Global Head of Tax eines Chemiekonzerns zusammen und berichten über den  Software-Workshop von Denis Labs, Operational Transfer Pricing Partner bei Optravis.

Teilen Sie Ihre Erfahrungen und halten Sie einen Vortrag auf unserer nächsten Fachtagung Verrechnungspreise

Haben Sie ein Projekt im Bereich Verrechnungspreise durchgeführt – aus steuerlicher oder betriebswirtschaftlicher Sicht? Haben Sie Erfahrungen gemacht, die Sie gerne mit anderen teilen wollen?

Dann werden Sie Referent oder Referentin auf unserer nächsten Fachtagung Verrechnungspreise! Treten Sie mit mir in Kontakt und schicken Sie mir einfach eine kurze Mail an: g.kleinhietpass@ca-akademie.de

Ich freue mich auf Sie!

Guido Kleinhietpaß

Autor

Guido Kleinhietpaß
Partner und Trainer der CA controller akademie
Herausgeber sowie Autor des Buchs Verrechnungspreise

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