Seit Juli gelten strengere Regeln für die Finanzdaten der Unternehmen
Im Rahmen unserer Berichterstattung zu den Auswirkungen und Nachwirkungen im Fall Wirecard haben wir darüber berichtet, dass als eine Konsequenz Firmenabschlüsse künftig strenger geprüft werden sollen.
Jetzt ist es amtlich: per 01.07.2021 gelten die meisten der neuen Regelungen des Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) – einige wenige Regelungen gelten allerdings erst zum Jahreswechsel. Die Zustimmung des Bundesrats zum Gesetz liegt seit Ende Mai vor. Ziel aller Maßnahmen ist es, die Richtigkeit der Rechnungslegungsunterlagen von Unternehmen sicherzustellen.
So befand sich im Referentenentwurf der Hinweis „Die BaFin muss bei Verdacht von Bilanzverstößen direkt und unmittelbar mit hoheitlichen Befugnissen gegenüber Kapitalmarktunternehmen auftreten können. Die BaFin braucht ein Prüfungsrecht gegenüber allen kapitalmarktorientierten Unternehmen einschließlich Auskunftsrechte gegen Dritte, die Möglichkeit forensischer Prüfungen sowie das Recht, die Öffentlichkeit früher als bisher über ihr Vorgehen bei der Bilanzkontrolle zu informieren. Dies ermöglicht der BaFin die Kontrolle über das Prüfungsgeschehen und stellt sicher, dass in allen Prüfungsphasen hoheitliche Mittel zur Verfügung stehen.“ Dazu zählt auch die Möglichkeit, Mitarbeiter und Organe des geprüften Unternehmens vorzuladen – wie übrigens auch die Abschlussprüfer. Sogar ein Recht zur Durchsuchung und Beschlagnahmung von Unterlagen wurde eingeräumt. Dies gilt ausdrücklich sogar auch für die private Wohnung! Konsequenter Weise werden auch die Strafen erhöht: bis zu 5 Jahre Freiheitsentzug sind nun möglich.
Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) wird hingegen abgeschafft
Diese ‚vorgelagerte Kontrolle‘ (sogenanntes zweistufiges Enforcement) durch eine privatrechtliche Organisation ohne eigene Rechtsbefugnisse (faktisch eine freiwillige Mitwirkung des Unternehmens) hat sich aus Sicht des Gesetzgebers nicht bewährt. Noch nicht von der DPR abgeschlossene Prüfverfahren werden daher konsequenter Weise von der BaFin übernommen und von dieser zu Ende geführt.
Insgesamt verändert das Gesetz in über 25 Artikeln zahlreiche bestehende Regelungen wie z.B. im Geldwäschegesetz und der Abgabenordnung, Handelsgesetzbuch, Publizitäts-, Aktien-, GmbH- und Genossenschaftsgesetz. Neben den direkten Strafen für die Vertreter des Unternehmens und die Prüfer, über die wir in unserer letzten Fach-News bereits berichtet hatten, sind auch Regelungen zur öffentlichen Bekanntmachung darin verankert. So droht beispielsweise im Wertpapierhandelsgesetz folgende Regelung: Ordnet die Bundesanstalt eine Prüfung der Rechnungslegung an, so kann sie ihre Anordnung unter Nennung des betroffenen Unternehmens und den Grund für die Anordnung im Bundesanzeiger und auf ihrer Internetseite bekannt machen, soweit hieran ein öffentliches Interesse besteht.
Festgestellte Fehler können öffentlich gemacht werden
Festgestellte Fehler können, sofern diese von öffentlichem Interesse sind, von der Prüfstelle unter Nennung des betroffenen Unternehmens samt den wesentlichen Teilen der Begründung unverzüglich
- auf ihrer Internetseite
- im Bundesanzeiger sowie
- in einem überregionalen Börsenpflichtblatt oder über ein elektronisch betriebenes Informationsverbreitungssystem …
bekannt gegeben werden. Die Fehlerberichtigung kann zur Neuaufstellung des Abschlusses (oder Berichts) für das geprüfte Geschäftsjahr führen bzw. alternativ zu einer Berichtigung im folgenden Jahr. Auch diese Korrektur wird entsprechend bekannt gemacht. Wichtig ist auch, sich die Dauer der Veröffentlichung klar zu machen: entsprechend dem neuen Absatz 4 in § 109 WpHG erfolgt die Löschung dieser Bekanntmachung erst nach 10 Jahren. Damit dürften Verstöße künftig auch zu einer langfristig wirkenden Imagebeeinträchtigung führen.
Kenntnisse der Rechnungslegung auch in Kontrollfunktionen notwendig
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass künftig in Aufsichtsräten mindestens eine Person Kenntnisse in der Abschlussprüfung von Unternehmen aufweisen muss. Ebenso ist gefordert, dass ein Mitglied des Aufsichtsrats kundig in Rechnungslegung sein muss. Wir finden, dass es schon in der Vergangenheit kein gutes Signal war, ein Kontrollgremium ohne diese Kenntnisse zu besetzen. Nun aber hat der Gesetzgeber offensichtlich die Notwendigkeit gesehen, Kompetenz bei der Besetzung entsprechender Positionen zu erzwingen.
Vielleicht fragen Sie sich auch, ob Sie nicht besser Ihre Kenntnisse in der Rechnungslegung auffrischen sollten. Liegt Ihr letztes Update vielleicht länger zurück? Wenn Sie sich nicht sicher sind, welche Änderungen z.B. mit dem BilMoG oder dem BilRUG verbunden waren, dann wäre Rechnungslegung für Controller ein guter Einstieg für Sie. Sie frischen nicht nur die Verbindung zwischen Controlling und Accounting auf, sondern erfahren zugleich alle wesentlichen Regeln von HGB und IFRS übersichtlich im Vergleich. Für diejenigen mit bereits vorhandenem Vorwissen empfehlen wir unsere Vertiefungen HGB Bilanzierung – Vertiefungsseminar bzw. IFRS aktuelle Entwicklungen und Praxisfragen – beide in kompakter Form. Sind Sie Experte in Fragen des HGB oder IFRS und benötigen Sie eher Detailwissen, dann könnte z.B. 1 Tag mit den Spezialfragen der Cashflow Rechnung das richtige Seminar für Sie sein.
Autor: Dipl.-Oec. Guido Kleinhietpaß. Partner, Trainer und Consultant der CA controller akademie