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Investitionen im Rahmen der Jahresplanung – auch die BJR im Blick?
Im Herbst finalisieren die meisten Unternehmen ihre Planung. Das betrifft nicht nur die klassischen Elemente wie Kostenstellen, Kostenarten oder die Kalkulation. Auch und gerade Projekte und Investitionen sind – nicht selten im Rahmen von Businessplänen – im besonderen Fokus. Dabei wird viel Zeit auf die zugrunde liegenden Zahlen verwandt. Von Seiten der Antragsteller einer Investition wird nicht selten noch „ein wenig an den Zahlen gedreht“ – damit die Investition möglichst genehmigt wird. Diejenigen, die die Investitionsanträge prüfen sollen, verwenden hingegen viel Zeit darauf, die Zahlen zu verifizieren. Ganz im Sinne der Business Judgement Rule (BJR), um eine geeignete Informationsbasis sicherzustellen.
Doch ist es damit bereits getan? Sind damit die Anforderungen der Business Judgement Rule (BJR) bereits erfüllt?
In vielen Beratungsprojekten sehe ich zahlreiche Verstöße gegen die gesetzgeberische Erwartung an die Qualität einer Planung, die ein ordentlicher Geschäftsführer oder Vorstand einzuhalten hat. Die sogenannten “unternehmerischen Entscheidungen” werden nicht mit der geforderten Sorgfalt getroffen. Der sogenannte “safe harbour” der BJR ist für viele Unternehmensführungen damit nicht gegeben.
Auch Beiräte oder Aufsichtsräte sind vor persönlicher Haftung nicht immer geschützt.
Die gesetzlichen Anforderungen werden nämlich oft schon bei elementaren Basics nicht erfüllt. So ist es beispielsweise nötig, dass nicht nur Qualität und Umfang der Informationen der Tragweite der Entscheidung angemessen sein müssen. Vielfach findet aber gar keine Qualitätsprüfung statt, weil niemand weiß, wie diese vorzunehmen ist. Genauso häufig findet sich der Fall, dass die Zahlen (wir unterstellen einmal dass sie von guter Qualität sind) nicht in richtiger Weise weiterverarbeitet werden. Mit anderen Worten: stimmt die Rechenmethode?
Selbst in unserem Fachseminar Investitionsrechnung finden sich immer noch einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die mit Mitteln der Kostenrechnung eine Investition beurteilen wollen. Fragt man zu Beginn des Seminars nach, so hört man nicht selten von einem Kostenvergleich (absolut oder Stückkosten) oder einem Gewinnvergleich (meist EBIT). Wenn man Glück hat, ist dieser noch über mehrere Jahre in der Entwicklung der Investitionsbeurteilung dargestellt. Genauso oft findet sich aber auch eine Rentabilitätsgröße (zum Beispiel ROI oder ROCE). Damit ist die Beurteilung zwangsweise auf eine Periode begrenzt. Jedoch haben sich die allerwenigsten Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei die Frage gestellt, unter welchen – sehr engen und selten gegebenen – Voraussetzungen eine solche Rechnung überhaupt zulässig ist.
Glücklicherweise verwendet die Mehrheit durchaus modernere Methoden wie den Kapitalwert oder eine der internen Zinsfußvarianten. Aber auch hier werden in erheblichem Maße Fehler gemacht. Vielfach wird der einfache interne Zinsfuß als “Rendite der Investition” betrachtet. Somit wird die Ausnahme fälschlicherweise zum Regelfall erklärt. Auch andere Fehler wie beispielsweise die Berücksichtigung von Zinsen zusätzlich zum gewichteten Kapitalkostensatz, die fehlende Korrektur des “Steuervorteils des Fremdkapitals” und andere mehr sind zu beobachten. Das Fehlen einer stochastischen Aggregation von Risiken in Form einer Monte-Carlo-Simulation bei größeren Investitionen ist daher eher Regel denn Ausnahme.
Wenn schon häufig die zuständigen Controllerinnen und Controller nicht die richtigen Methoden kennen bzw. die Methoden nicht richtig anwenden, wie kann man dies dann von Geschäftsführern, Vorständen, Beiräten oder Aufsichtsräten verlangen?
Die Frage mag berechtigt erscheinen, doch ist sie hinfällig: Ein gewissenhafter Vorstand oder Geschäftsführer muss den Stand betriebswirtschaftlicher, technischer und rechtlicher Werkzeuge, Methoden und des aktuellen Wissens kennen, um beurteilen zu können, ob der Einsatz sachgerecht ist. Dies ist die Erwartung des Gesetzgebers.
Diese Messlatte wird angelegt, wenn vor Gericht die Frage der persönlichen Haftung geprüft wird. In abgemilderter Form gilt dies auch für die überwachenden Gremien. Und wo wir gerade die Compliance-Themen diskutieren, sei noch folgender Aspekt angemerkt: Der Vorstand ist zur Informationsbeschaffung verpflichtet und gehalten “alle” Informationsquellen, wie z.B. Controlling oder Treasury, zu nutzen, sie ggfs. auch selbst zu schaffen und ihr Funktionieren zu überwachen bzw. dieses aktiv zu verbessern (z.B. durch regelmäßige Mitarbeiterschulungen).
Überlegt man sich die gesetzlichen Anforderungen bzw. die Anforderungen, die aus den Urteilen des Bundesgerichtshofs folgen, dann stellen sich zwei Fragen: Zum einen, warum die gesetzlichen Regelungen überhaupt erforderlich sind? Schließlich sollten die Eigentümer aus eigenem Interesse dafür sorgen, dass Investitionsentscheidungen sorgfältig vorbereitet werden. Zumindest in Familienunternehmen und KMU’s sollte eine hinreichende Kontrolle funktionieren. Zum anderen, warum trotz gesetzlicher Vorgaben die einleitend dargestellten Schwächen in so breiter Zahl zu finden sind? Eine Reihe von Gründen ist denkbar. Ein sehr simpler Grund könnte für viele Fälle eine Antwort bieten: Vermutlich werden viele der inhaltlichen und methodischen Schwächen gar nicht als solche erkannt.
Autor: Dipl.-Oec. Guido Kleinhietpaß. Partner, Trainer und Consultant der CA controller akademie