IFRS 16 – ein steiniger Weg: Über die Herausforderungen, die Implementierung erfolgreich zu meistern

06.05.2019 von CA Redaktion | Accounting & Finance
IFRS-Leasing

Erst letztes Jahr stand die Erstanwendung der Standards IFRS 9 sowie IFRS 15 auf der Agenda, nun folgt mit IFRS 16 zur Leasingbilanzierung ein weiteres Großprojekt. Es ist wahrlich keine einfache Zeit für alle IFRS-Bilanzierer.

Durch die neuen Standards gab es im Vorjahr bei den meisten Unternehmen keine wesentlichen Auswirkungen. Im Falle des IFRS 16 wird sich das wohl anders gestalten. Der Weg zu einer erfolgreichen Implementierung birgt doch einige typische Stolpersteine, die es zu meistern gilt.

Der neue Standard zur Leasingbilanzierung (IFRS 16) ist seit Beginn des Geschäftsjahres 2019 verpflichtend anzuwenden. Zwar haben Unternehmen noch eine gewisse Schonfrist bis zur Veröffentlichung der ersten Abschlüsse, in denen der Standard vollumfänglich umgesetzt sein muss – aufgrund der weitreichenden Auswirkungen drängt die Zeit dennoch. In manchen Unternehmen sind die Implementierungsprojekte daher schon weit fortgeschritten, in anderen besteht hingegen noch großer Handlungsbedarf.

Schritt für Schritt zu einer IFRS 16-konformen Bilanzierung

Besonders auf Seiten des Leasingnehmers treten tiefgreifende Änderungen durch IFRS 16 auf. Zukünftig müssen grundsätzlich für alle Miet-/Leasinggegenstände Nutzungsrechte und korrespondierende Leasing-Verbindlichkeiten eingebucht werden. Stattdessen entfällt die Unterteilung in bilanzwirksame Finanzierungs-Leasingverhältnisse und aufwandswirksam zu erfassende Operating-Leasingverhältnisse.

Viele Unternehmen haben bisher in großem Umfang Leasingverträge außerbilanziell erfasst, daher sind die Auswirkungen von IFRS 16 nicht zu unterschätzen. Das betrifft nicht nur die fachliche Ebene der IFRS-Bilanzierung, sondern umfasst auch unternehmensinterne Prozesse und die IT-Landschaft. Ebenso ist im Blick zu behalten, wie sich das ändernde Bilanzbild auswirkt auf die Steuerungskennzahlen des Unternehmens und auf sich darauf beziehende unternehmensinterne und -externe Mechanismen, wie „Bank-Covenants“ oder Bonussysteme. Dies verdeutlicht, dass die Implementierung von IFRS 16 als ganzheitliches und abteilungsübergreifendes Projekt zu planen ist, das sich idealtypisch in die Teilbereiche Projektvorbereitung, Projektdurchführung und Projektabschluss untergliedert. Jeder dieser Projektschritte birgt unterschiedliche Herausforderungen und Stolpersteine.

IFRS 16_leasing

Die typischen Stolpersteine bei der Implementierung

1. Die Komplexität und der zeitliche Aufwand werden unterschätzt

IFRS 16 scheint zunächst relativ simpel. Die Zahlungsverpflichtungen aus Leasingverhältnissen, die bisher ohnehin im Anhang dargestellt wurden, müssen diskontiert und in der Bilanz ausgewiesen werden. Viele Unternehmen sind sich aus diesem Grund nicht bewusst, wie hoch der tatsächliche Aufwand bei der Implementierung ist.

Um zu klären, welche Verträge in den Anwendungsbereich des IFRS 16 fallen und welche Leasingzahlungen über welchen Zeitraum bei der Bewertung der Leasingverbindlichkeit zu berücksichtigen sind, muss zu Beginn eine Vertragsinventur durchgeführt werden. Eine besondere Herausforderung stellt die Bestimmung eines adäquaten Diskontierungszinssatzes dar und auch eine Reihe an Wahlrechten und Ermessensspielräumen, über deren Konsequenzen sich die Verantwortlichen Gedanken machen müssen, liefert IFRS 16.

Dass die bilanzwirksame Buchung der Leasingverträge i.d.R. auch eine Anpassung der IT-Systeme erfordert, muss zusätzlich zur fachlichen Komplexität beachtet werden. Eine passende Software-Lösung muss hierfür ausgewählt und implementiert werden. Dabei werden häufig vor allem das Schaffen der Schnittstellen im ERP-System sowie das Testen der neuen IT-Landschaft zeitlich unterschätzt. Ein weiteres Thema ist der prozessuale Umgang mit den Leasingverhältnissen, der zu überprüfen und ggf. anzupassen ist. Generell ist zu beachten, dass neben dem buchhalterischen Prozess v.a. auch Controlling und Beschaffung/Einkauf betroffen sind.

2. Das fachliche Know-how ist häufig unzureichend

Gerade weil die Komplexität unterschätzt wird, mangelt es oftmals an der Sicherstellung des notwendigen fachlichen Know-hows. Denn für eine erfolgreiche Anwendung von IFRS 16 reicht es nicht aus, wenn die fachliche Kompetenz nur im kaufmännischen Bereich vorhanden ist. Vielmehr ist es sogar entscheidend, dass zusätzlich die Personen, die die Leasingverträge im Tagesgeschäft beurteilen und in den IT-Systemen verarbeiten, ausreichend fachlich geschult werden. Denn sonst leidet die Datenqualität. Für den Fall, dass unternehmensintern nicht genügend fachliches Know-how oder Kapazität zur Verfügung stehen, ist externe Unterstützung in Form von Schulung oder Beratung dringend anzuraten.

3. Es wird zu wenig kommuniziert

Weil das Implementierungsprojekt IFRS 16 i.d.R. bei der Muttergesellschaft angesiedelt ist, besteht die Gefahr, dass die Konzerngesellschaften – sowie alle relevanten Fachabteilungen – nicht ausreichend oder viel zu spät einbezogen bzw. nicht auf dem Laufenden gehalten werden. In der Folge entsteht das Gefühl der Vernachlässigung oder der unzureichenden Information. Um auf fachliche, länder- oder unternehmensspezifische Problemfelder eingehen zu können, muss zusätzlich zu einem regelmäßigen Informationsfluss über den Stand des Implementierungsprojekts auch der fachliche Input aller betroffenen Abteilungen und Konzerngesellschaften eingeholt werden. Besonders geeignet sind hier z.B. regelmäßige Feedback-Runden. Ein horizontaler und vertikaler Kommunikationsfluss ist immer mit Aufwand verbunden. Aber er lohnt sich, denn so können Stolpersteine rechtzeitig erkannt und proaktiv vermieden werden.

Die Autoren Dipl.-Kfm., CPA, WP Christian Landgraf, Wirtschaftsprüfer und U.S. Certified Public Accountant, Partner bei Rödl & Partner und Dr. David Shirkhani, M.Sc., Fachreferent IFRS bei Rödl & Partner, sind beide als Trainer im Themenbereich Accounting & Finance bei der CA controller akademie tätig.

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