New Work – die Erfolgsquote liegt nur bei etwa 50 Prozent
Flexible Arbeitszeiten, Selbstorganisation, flache Hierarchien. Seit Monaten zeigt die Coronakrise, dass die New Work-Praxis längst nicht so rosig aussieht, wie viele Unternehmen postulieren.
Doch wo steht die Umsetzung aktuell? Wie sieht das neue Arbeiten vor dem Hintergrund eines Homeoffice-Standards aus? Wie haben sich Führungs- und Entscheidungsmechanismen verändert? Diesen Fragen ist der Personaldienstleister Hays in Zusammenarbeit mit dem Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) nachgegangen.
Insgesamt wurden hierfür 1.046 Fach- und Führungskräfte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz befragt. Dabei ist der Dienstleistungsbereich mit 46 Prozent am stärksten vertreten, gefolgt von der Industrie mit 38 Prozent und dem öffentlichen Sektor mit 16 Prozent.
Unternehmen gewähren mehr zeitliche Flexibilität
Die Ergebnisse zeigen: Arbeiten, unabhängig von Ort und Zeit, wird von der Mehrheit der befragten Unternehmen ermöglicht. So hat die Coronakrise Unternehmen und Arbeitnehmer zu einer Flexibilität getrieben, deren Umfang man noch vor einem Jahr für unmöglich gehalten hätte.
So berichten 61 Prozent der Befragten von einer zeitlichen Flexibilisierung der Arbeit. Diese Facette von New Work scheint vergleichsweise einfach zu realisieren zu sein, auch weil sie Arbeitgebern wie Arbeitnehmern gleichermaßen Vorteile bietet: je flexibler Arbeitszeit und Arbeitsort der Mitarbeitenden, desto größer die Dispositionsmöglichkeit für den Arbeitgeber. Gleichzeitig können Arbeitnehmer Beruf und Privatleben besser vereinbaren.
Dagegen sieht die Mehrheit der Befragten bei den anderen Dimensionen von New Work keine Corona-bedingten Veränderungen. Dies gilt insbesondere für veränderte Führungsstrukturen und neue Machtverteilungen, diese sind größtenteils konstant geblieben. So erklären 54 Prozent der Befragten, dass eine (weitere) Flexibilisierung von Arbeit nicht der Unternehmensstrategie entspreche oder die Arbeitsorganisation eine (weitere) Flexibilisierung nicht zulässt.
Flexibles Arbeiten erzeugt Spannungen bei den Beschäftigten
Der Report offenbart aber auch Schattenseiten dieser Entwicklung. Sechs von zehn aller Befragten nehmen spürbare Spannungen zwischen unterschiedlichen Beschäftigungsgruppen im Kontext von New Work wahr.
Die Hauptursache ist Neid (63 Prozent), der entsteht, weil jobbedingt nicht alle Mitarbeitenden gleichsam vom Homeoffice-Angebot profitieren können. Insbesondere die unter 40-Jährigen verzeichnen deutlich mehr Spannungen als die über 50-Jährigen.
Die Führungskräfte haben Schwierigkeiten im Umgang mit flexiblen Arbeitszeiten (58 Prozent) und -orten (60 Prozent, denn Leistung und Präsenz gehörten für viele bisher untrennbar zusammen. Die befragten Entscheider tun sich schwer damit, ihren Mitarbeitenden das notwendige Vertrauen zu schenken. Anstatt im Zuge von Homeoffice und zeitlicher Unabhängigkeit stärker auf die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden zu setzen, spricht sich noch mehr als die Hälfte von ihnen dagegen aus. Rund 60 Prozent halten sich darüber hinaus bei der Partizipation ihrer Mitarbeitenden an Entscheidungen zurück. Demzufolge wundert es nicht, dass 71 Prozent der Befragten angeben, Führungskräfte haben Probleme, Macht abzugeben.
Im Hinblick auf die Unternehmenskultur hat für die Befragten in diesem Jahr eine stärkere Mitarbeiterbeteiligung höchste Priorität (nach Rang 4 im Jahr 2020). Ebenfalls weit oben auf der Kulturagenda stehen der aktive Umgang mit Veränderungen sowie die Übernahme von Verantwortung durch die Mitarbeitenden. Trotz der zunehmenden Digitalisierung spielen dagegen die intensive Vernetzung nach innen und außen nur eine marginale Rolle.
Zusammengenommen kann festgehalten werden, dass sich New Work-Praktiken durch die disruptiven Anpassungen im Frühjahr 2020 lediglich in Bezug auf die örtliche und zeitliche Flexibilität durchgesetzt haben. Eine Mehrheit der Befragten nimmt jedoch in puncto einer veränderten Führung und neuen Machtverteilung keine nennenswerte Veränderung wahr.